In unserer hektischen Welt, in der Stress allgegenwärtig und Zeit Mangelware ist, wundert es nicht, dass das Essen oft “nebenbei” und “zwischendurch” passiert. Wir neigen dazu, auch beim Essen die Achtsamkeit zu vernachlässigen. Dabei haben unsere täglichen Mahlzeiten so viel Potential, um uns Genussmomente in den Alltag zu bringen und unser Wohlbefinden zu steigern. Das Konzept des achtsamen Essens, das auf alte Prinzipien der Achtsamkeit zurückgeht, gewinnt durch die Rastlosigkeit der heutigen Zeit zunehmend an Bedeutung. Es ermöglicht eine bewusste Nahrungsaufnahme, das Erreichen einer angenehmen Sättigung sowie das Erleben von Genuss und trägt damit wesentlich zu körperlicher und psychischer Gesundheit bei.
Achtsam essen
Laufend werden neue Diäten, Ernährungstrends und aktuelle Empfehlungen thematisiert, um die Gesundheit zu fördern sowie Übergewicht und Krankheiten vorzubeugen. Die vielen unterschiedlichen, oft auch widersprüchlichen Informationen können Verwirrung stiften und führen zu einem rational gesteuerten und “verkopften” Essverhalten. Das eigene Körpergefühl geht dabei zunehmend verloren. Die Fähigkeit, in den Körper hineinzuhören, Bedürfnisse (körperliche wie emotionale) richtig zu deuten und angemessen zu stillen, rückt immer mehr in den Hintergrund.
Achtsamkeit beim Essen bedeutet, sich selbst beim Essen bewusst wahrzunehmen und zu beobachten, ohne dabei zu bewerten oder zu urteilen. In einem ersten Schritt kann hier das Wissen über “Die 7 Arten des Hungers” hilfreich sein. Folgende Fragen können damit einhergehen:
Warum esse ich in diesem Moment? Ist der Grund körperlicher Hunger oder Appetit? Wodurch wurde der Appetit ausgelöst?
Welche Nahrungsmittel machen mich angenehm satt?
Welche Nahrungsmittel tun mir gut?
Wie und wo in meinem Körper macht sich Hunger bemerkbar?
Wie und wo in meinem Körper macht sich Sättigung bemerkbar?
Wie sieht die Mahlzeit am Teller aus, welche Geschmacksrichtungen, welche Texturen nehme ich wahr?
Welche Emotionen und Gedanken gehen mit dem Essen einher?
Wie kann achtsames Essen umgesetzt werden?
Im Alltag ist es oft schwierig, den Prinzipien des achtsamen Essens voll und ganz nachzukommen - umso mehr, wenn achtsames Essen noch Neuland ist - das ist völlig verständlich. Vor allem sollte man sich damit keinesfalls unter Druck setzen. Zu hohe Selbstansprüche und Perfektionismus-Streben sind für die Entwicklung eines entspannten Essverhaltens kontraproduktiv! Vielmehr geht es darum, sich Schritt für Schritt mit diesen Prinzipien vertraut zu machen und in Situationen, die den passenden Rahmen bieten, auszuprobieren (z.B. an freien Tagen, wenn der Berufsalltag Pause macht) und nach und nach zu festigen.
Bewusstes Essen
Achtsames Essen beinhaltet das bewusste Wahrnehmen sowohl dessen, was wir essen, als auch dessen, was die Mahlzeit mit unserem Körper macht. Statt abgelenkt und hastig einen Bissen nach dem anderen hinunter zu schlucken, nehmen wir die Mahlzeit mit allen Sinnen wahr - die Farben, Texturen, Gerüche, Geschmacksempfindungen und Aromen, sowie die allmähliche körperliche Reaktion von Bissen zu Bissen. Dieses bewusste Essen ermöglicht uns, die Signale unseres Körpers besser zu erkennen, das Sättigungsgefühl zeitgerecht zu spüren und den Genuss zu fördern.
Langsameres Essen
Ein zentrales Prinzip des achtsamen Essens ist die Geschwindigkeit, mit der wir die Mahlzeit zu uns nehmen. Dabei steht uns der hektische Alltag oft im Weg. Entschleunigung beim Essen fördert nicht nur die Verdauung, sondern ermöglicht es auch, die Nahrung besser zu schmecken und die Sättigung rechtzeitig zu erkennen. Durch bewusstes Kauen und “Hinschmecken” erleben wir den gesamten Prozess des Essens intensiver.
Achtsamkeit gegenüber den Signalen des Körpers
Durch achtsames Essen lernen wir, die Signale unseres Körpers zu deuten und auf sie zu hören. Wir erkennen, wann wir wirklich hungrig sind und wann wir genug gegessen haben, um langfristig angenehm satt zu sein. Diese Achtsamkeit kann dazu beitragen, Überessen und ungesunde Ernährungsgewohnheiten Schritt für Schritt abzubauen.
Achtsamkeit gegenüber Emotionen
Achtsames Essen erfordert auch, unsere Emotionen vor und während des Essens im Blick zu haben. Viele neigen dazu, aus emotionalen Gründen, wie Stress, Ärger, Traurigkeit oder Langeweile zu essen. Doch auf Dauer löst Essen diese unangenehmen Emotionen nicht auf - es bedarf anderer Lösungswege. Durch Achtsamkeit wird es möglich, emotionale Auslöser zu erfassen sowie alternative Wege zu finden und zu gehen, ohne ungesunden, belastenden Essgewohnheiten ihren Lauf zu lassen.
Dankbarkeit und Wertschätzung
Ein weiterer Aspekt des achtsamen Essens ist die Dankbarkeit für unsere Nahrung und zwar durch das Bewusstmachen, woher unser Essen kommt, welche Arbeit in unserer Mahlzeit steckt und welchen Weg die Lebensmittel bis zu unserem Teller zurückgelegt haben. Diese Dankbarkeit kann das Bewusstsein für die Bedeutung einer ausgewogenen Ernährung stärken.
Warum ist achtsames Essen wichtig für unsere Gesundheit?
Achtsames Essen hat positive Auswirkungen auf unsere körperliche und psychische Gesundheit. Es ermöglicht die klare Entscheidung, was bzw. wie viel man essen möchte, die bewusste Wahrnehmung von Körpersignalen wie Hunger, Appetit und Sättigung sowie von Sinnesempfindungen während des Essens - all das unterstützt:
das gesunde Wohlfühlgewicht
Durch bewusstes Essen erkennen wir eher, wann wir satt sind und vermeiden Überessen, was zu einem gesünderen Gewicht und einem guten Körpergefühl beitragen kann.
die Verdauung
Entschleunigung beim Essen und bewusstes Kauen unterstützt Verdauungsprozesse und die Aufnahme von Nährstoffen.
das konstruktive Stressmanagement
Achtsames Essen kann dazu beitragen, den Stresspegel zu senken, indem es Raum für Entschleunigung schafft und den Fokus der Wahrnehmung auf das Hier und Jetzt lenkt.
das körperliche und psychische Wohlbefinden
Genussvolles Essverhalten und angenehme Sättigung tragen dazu bei, allgemeines Wohlbefinden und Lebensqualität zu steigern.
die Auseinandersetzung mit Emotionen
Achtsamkeit beim Essen fördert die Beschäftigung mit emotionalen Auslösern für unkontrolliertes Essen und dahinterstehenden Bedürfnissen.
die Beziehung zur Nahrung
Achtsamkeit geht mit einer reflektierten Beziehung zu unserer Nahrung einher, was langfristig zu besseren Essgewohnheiten führen kann.
Resümee
Achtsames Essen ist mehr als nur eine Methode zur Nahrungsaufnahme. Es ist eine Haltung, die das Essverhalten sowie die Qualität der Ernährung und damit unsere körperliche und psychische Gesundheit maßgeblich prägt. Durch die Prinzipien des bewussten Essens können wir einen reflektierten Umgang mit körperlichen und emotionalen Bedürfnissen entwickeln. Indem wir achtsam essen, schaffen wir nicht nur Raum für genussvolle Mahlzeiten, sondern steigern auch unser langfristiges Wohlbefinden. Wichtig zu bedenken: Das Essverhalten ist eine Gewohnheit und Gewohnheiten zu ändern, braucht Zeit. Daher ist hier Geduld und Nachsicht mit sich selbst gefragt! Gesundheitspsychologie und integrative Ernährung unterstützen bei der praktischen Umsetzung des achtsamen Essens.