Jeder Mensch hat das Bestreben, glücklich zu sein und ein erfülltes Leben zu führen. Eine Möglichkeit, unsere Lebensqualität zu steigern, ist die Fähigkeit, Genuss zu empfinden und dies gezielt und bewusst einzusetzen. Doch was bedeutet Genuss eigentlich? Und wie kann Genuss unser Leben verbessern?
Genuss als Ressource
Genuss ist stets an unsere Sinne gebunden - wir schmecken, riechen, hören, sehen oder tasten etwas, das uns eine Genusserfahrung ermöglicht. Das Genusserleben findet ganzheitlich auf körperlicher und psychischer Ebene statt, ist wiederholbar, wird aktiv gesucht und als angenehm, bereichernd oder entspannend empfunden.
Je nach subjektiver Bewertung ist empfundener Genuss individuell. Es bereichert unseren Alltag, wenn wir uns bewusst Zeit nehmen, um unsere Sinne für positive Erfahrungen und Erlebnisse zu nutzen - z.B. für das Geschmackserlebnis einer köstlichen Mahlzeit, das Lesen eines spannenden Buches oder auch das wohlduftende, heiße Bad an einem kalten Wintertag. Genussmomente versüßen uns das Leben - sowohl im übertragenen, als auch manchmal im wörtlichen Sinne. Es sind die "kleinen Momente", die auch im Alltag Platz haben!
Genussfähigkeit geht über das bloße Vergnügen hinaus. Es ist eine Fähigkeit, die gezielt und bewusst genutzt werden kann, um (das alltägliche) Leben auf individuelle Weise zu verbessern. Studien deuten darauf hin, dass unsere Genussfähigkeit abzunehmen scheint. In Anbetracht der Tatsache, dass Genuss als wichtige Ressource im herausfordernden Alltag dienen kann, sollten wir diese Chance nicht ungenutzt lassen und einen bewussteren Umgang damit finden! Genussfähigkeit im Zusammenhang mit unserer Ernährung kann eine wunderbare Möglichkeit sein, um unser Leben zu bereichern.
Was bewirken Genussmomente?
Genussfähigkeit fördert den Abbau von Stress. Stress kann Ursache für viele gesundheitliche Probleme sein - z.B. Bluthochdruck, koronare Herzerkrankungen, ansteigende Blutfette, erhöhtes Diabetesrisiko, Magen-Darm-Beschwerden, Schlafstörungen, unkontrolliertes Essverhalten usw. Gelingt es jedoch, im vielbeschäftigten Alltag auch Zeit für Genussmomente zu finden, wird die Ausschüttung der Stresshormone reduziert, was Gesundheit und Wohlbefinden fördert.
Zudem führt Genuss dazu, mit unserer Aufmerksamkeit im Moment, im Hier und Jetzt zu bleiben. In unserer hektischen Welt sind wir mit unseren Gedanken selten in der Gegenwart. Wir beschäftigen uns gedanklich entweder mit der Zukunft, mit bevorstehenden Situationen, die noch nicht eingetreten sind oder mit der Vergangenheit, indem wir über zurückliegende Erlebnisse grübeln, die ohnehin nicht mehr zu ändern sind. Die Gegenwart, die wir in diesem Moment aktiv gestalten können, wird jedoch oft nicht bewusst wahrgenommen - sodass wir die Gelegenheit versäumen, durch aktiven Beitrag unsere Lebensqualität im Hier und Jetzt zu steigern.
Im Alltag sind wir so beschäftigt, dass wir Gelegenheiten "übersehen", Gegenwärtiges zu genießen. Nehmen wir uns dennoch gezielt Zeit für Genussmomente, stärkt dies unser Bewusstsein dafür, dass das Leben im Grunde aus vielen ineinander übergehenden Momenten besteht. Jene “Momente” bzw. herausfordernde Situationen, die weniger Gestaltungsspielraum bieten, sind besser zu meistern, wenn durch vorausgegangene Genussmomente die eigenen Energiereserven wieder voll aufgeladen sind.
Darüber hinaus hat Genussfähigkeit auch eine soziale Komponente. Das gemeinsame Erleben von Genussmomenten mit Freunden oder Familie stärkt die Beziehungen. Problematisches Essverhalten geht oft mit sozialem Rückzug einher. Beispielsweise werden Verabredungen zum gemeinsamen Abendessen wieder abgesagt, weil tagsüber schon “zu viel" gegessen wurde mit dem Ziel, Kalorien einzusparen oder aus Angst, sich beim Buffet nicht “beherrschen” zu können. So werden Gelegenheiten, mit Freunden oder Familie ein gemeinsames Essen zu genießen, versäumt. Ist man nicht in der Lage, Genussmomente zu teilen, kann dies zu einer Verschlechterung der sozialen Beziehungen und zu sozialer Isolation führen.
Genuss erlauben - Lebensqualität steigern
“Tun hätte ich schon gewollt, dürfen habe ich mich nicht getraut” (Karl Valentin).
Oft haben Menschen Hemmungen oder ein schlechtes Gewissen, sich selbst etwas Gutes zu tun. Hier hilft es zu hinterfragen, welche Werte, Selbstansprüche oder Glaubenssätze diese negativen Assoziationen mit Genuss hervorrufen und diesbezüglich eine wohlwollende Haltung im Sinne der Selbstfürsorge zu entwickeln.
Das durch Diäten auferlegte Verzichts- und Verbotsdenken steht der Genussfähigkeit entgegen. Strikte Verbote beim Essen führen langfristig unweigerlich zu Momenten des enthemmten Essens - bisher Verbotenes wird dann im Übermaß verspeist, was ebenso wenig mit Genuss zu tun hat, wie die davor praktizierte Enthaltsamkeit. Schuldgefühle und Scham aufgrund des unkontrollierten Essens sind die Folge. In diesem Fall wird Essen zur Belastung, obwohl es doch so viel Potential bietet, durch den bewussten Einsatz von Genussfähigkeit unsere Lebensqualität zu steigern.
Der Ansatz der integrativen Ernährung sowie der Gesundheitspsychologie umfasst unterschiedliche Möglichkeiten, um die Genussfähigkeit im Alltag zu nutzen und ein unbeschwertes Essverhalten ohne Schuldgefühle zu entwickeln.
Comments