Integrative Ernährung als Zusammenspiel verschiedener Disziplinen, die einander zu einer umfassenden, ganzheitlichen Sichtweise ergänzen und die Individualität der einzelnen Person in den Mittelpunkt stellen.
Die integrative Ernährung umfasst einen ganzheitlichen Zugang, der es ermöglicht, die Individualität der einzelnen Person zu fokussieren, um körperliches und psychisches Wohlbefinden optimal zu fördern.
Vor allem im Bereich der Ernährung wird deutlich spürbar, dass körperliche und psychische Gesundheit in engem Zusammenhang stehen. Dies ist ein individuelles Geschehen: Was der einen Person guttut, kann einer anderen schaden, sodass keine allgemein gültigen Empfehlungen ausgesprochen werden, sondern der einzelne Mensch in seiner individuellen Situation, mit seinen individuellen Bedürfnissen im Mittelpunkt steht und ein “maßgeschneiderter” Weg in Richtung gewünschter Veränderung gefunden und gegangen werden kann.
In meiner Arbeit vereint die integrative Ernährung Erkenntnisse aus den westlichen Wissenschaften der Ernährung und der Psychologie mit dem bewährten Erfahrungswissen der Traditionell Chinesischen Medizin. Die folgende Abbildung zeigt beispielhaft einige Themenbereiche, die die integrative Ernährung abdeckt, wobei die einzelnen Schwerpunkte oft nicht klar voneinander abgrenzbar sind, denn vor allem in der TCM finden auch psychologische Aspekte Berücksichtigung.
Zusammenspiel aus TCM und westlicher Ernährungslehre
Konventionelle Ansätze berücksichtigen bei Ernährungsempfehlungen die Individualität der einzelnen Person und ihren Alltag manchmal nicht ausreichend - das betrifft beispielsweise die Bekömmlichkeit oder Verträglichkeit der einzelnen Nahrungsmittel, psychologische Aspekte, die das Essverhalten beeinflussen und die Entwicklung neuer Gewohnheiten unterstützen, die Umsetzung von Empfehlungen in den Alltag, die Kochpraxis, usw.
Die westliche Sichtweise, wie wir sie kennen, berücksichtigt vor allem die optimale Versorgung des Körpers mit wesentlichen Nährstoffen wie z.B. Proteinen, Kohlenhydraten, Fetten, Vitaminen, Mineralstoffen usw. Die TCM stellt einen anderen Fokus in den Mittelpunkt und zwar die “Wirkung” der Nahrung. Jedem Lebensmittel wird eine thermische Wirkung und eine Wirkrichtung im Körper zugeschrieben. So wirkt etwa die scharfe Chilischote sehr wärmend oder Joghurt kühlend. Die thermische Wirkung der einzelnen Lebensmittel kann man sich zunutze machen, wenn man zu Hitze- oder Kälte-Empfinden neigt. So können etwa bei Hitzewallungen in den Wechseljahren bestimmte Nahrungsmittel eingesetzt werden, um wieder eine Balance des Körperempfindens herzustellen. Auch die Wirkrichtung der einzelnen Lebensmittel kann gezielt zum Einsatz kommen, um das Wohlbefinden zu steigern. Beispielsweise wirken bittere Nahrungsmittel “nach unten leitend”. Ein Beispiel, das wir alle kennen: Kaffee wirkt verdauungsfördernd, ebenso regen bittere Blattsalate die Verdauung an. Leidet man etwa an Verstopfung, kann unter Berücksichtigung der Wirkrichtung der Speiseplan angepasst werden, um die Beschwerden zu lindern.
Die TCM berücksichtigt darüber hinaus die Verträglichkeit bzw. Bekömmlichkeit der Ernährung. Nicht jeder Mensch verträgt die von westlicher Seite empfohlene Rohkost zur optimalen Versorgung mit Vitaminen oder das wegen seiner wertvollen Ballaststoffe angeratene Vollkornbrot. Einmal mehr geht hier die TCM auf die Individualität der Einzelperson ein.
Wem die Lehre der TCM bisher wenig vertraut ist, mag die Sprache, die die TCM verwendet, womöglich etwas befremdlich erscheinen - Bezeichnungen wie "Mitte stärken", "Milz-Qi-Mangel" oder "Leber-Qi-Stagnation" klingen nach westlichem Verständnis auf den ersten Blick vielleicht zu "esoterisch". Taucht man in die TCM-Welt jedoch ein bisschen tiefer ein, wird man feststellen, dass es sehr viele Parallelen zu den westlichen Disziplinen im Bereich der Ernährung sowie der Psychologie gibt - es wird lediglich eine andere Sprache verwendet.
Ergänzung durch psychologische Aspekte
Nicht zuletzt geht es beim Essverhalten um Gewohnheiten, die sich über lange Zeit etabliert haben. Ist das Ziel eine gewünschte Veränderung, gilt es, Schritt für Schritt neue Gewohnheiten zu entwickeln. Dieser Prozess braucht Zeit sowie Geduld und kann nur dann gelingen, wenn er an die individuellen Bedürfnisse und den Alltag der Einzelperson angepasst ist. Eine “Schema F-Ernährungsempfehlung” greift hier zu kurz. An dieser Stelle ist es grundlegend, psychologische Aspekte zu berücksichtigen, Fähigkeiten und Ressourcen des einzelnen Menschen zu sehen und zu fördern, um einen individuellen Weg zu finden, wie sich geplante Maßnahmen am besten in den Alltag integrieren lassen.
Darüber hinaus gibt es neben eingespielten Gewohnheiten andere Aspekte, die das Essverhalten beeinflussen und in einen gelingenden Veränderungsprozess mit eingebunden werden sollten: Stress oder schwierige Emotionen sind hier mit gleichbedeutender Wichtigkeit zu betrachten wie die Ebene der Ernährung.
Integrative Ernährung bedeutet Individualität und Ganzheitlichkeit
Diese ganzheitliche Betrachtungsweise ist die Basis des integrativen Zugangs zur Gesundheitsförderung: Die Wechselwirkung zwischen körperlicher und psychischer Gesundheit spiegelt sich oft auf dem Gebiet der Ernährung wider. Möchte man im Bereich der Ernährung etwas verändern, sollte diesem komplexen Zusammenspiel ausreichend Aufmerksamkeit geschenkt werden, um erfolgreich ans Ziel zu kommen und eine nachhaltige Veränderung zu bewirken. Und genau dieser erweiterte Blick auf die einzelnen Einflussfaktoren unterschiedlicher Ebenen (z.B. Ernährung, Alltag, Essverhalten, Gewohnheiten, Stress, psychische Belastungen) zeichnet den integrativen Ansatz aus - Individualität und Ganzheitlichkeit stehen im Mittelpunkt anstelle allgemein gültiger Empfehlungen.
Als klinische und Gesundheits-Psychologin sehe ich die integrative Ernährung als bereichernde Ergänzung, um Menschen zu unterstützen, ihr körperliches und psychisches Wohlbefinden und damit ihre Lebensqualität zu steigern.
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